FREIBERUFLER UND GEWERBETREIBENDE
Bei einer Diskothek wurden die Kassen für die Getränkeumsätze nicht ordnungsgemäß geführt. Deshalb erfolgten Hinzuschätzungen, wobei auf die Rohgewinnaufschlagsätze der amtlichen Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums für Gastronomiebetriebe zurückgegriffen wurde. Diese Handhabung wurde nun vom Bundesfinanzhof kritisiert.
Eine Diskothek ist kein Restaurant, und da sich eine Diskothek keiner der in der amtlichen Richtsatzsammlung aufgeführten Gewerbeklassen zuordnen lässt, war diese für die Hinzuschätzung nicht geeignet.
Die Entscheidung ist aber auch aus anderen Gründen interessant: Danach ist der innere Betriebsvergleich, der an die Daten und Verhältnisse des geprüften Betriebs selbst anknüpft, im Verhältnis zum äußeren Betriebsvergleich, der sich auf statistische Durchschnittswerte der betreffenden Branchen stützt, grundsätzlich als die zuverlässigere Schätzungsmethode anzusehen.
Dies müssen das Finanzamt und das Finanzgericht bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigen, auch wenn sie bei der Wahl der Schätzungsmethoden grundsätzlich frei sind.
MERKE: Zudem hat sich der Bundesfinanzhof mit den Mindestanforderungen befasst, die Datensammlungen oder Datenbanken der Finanzverwaltung erfüllen müssen, wenn sie in einem Gerichtsverfahren berücksichtigt werden sollen.
Und hier haben die Richter erhebliche Zweifel daran geäußert, dass sich die amtliche Richtsatzsammlung in ihrer bisherigen Form als Grundlage für eine Schätzung eignet.
Begründet wird dies mit der fehlenden statistischen Repräsentativität der zur Ermittlung der Richtsätze herangezogenen Daten einerseits und dem kategorischen Ausschluss bestimmter Gruppen von Betrieben bei der Ermittlung der Richtsatzwerte andererseits.
Quelle: BFH-Urteil vom 18.6.2025, Az. X R 19/21, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 250345; BFH, PM Nr. 60/25 vom 25.9.2025
ALLE STEUERZAHLER
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass gegenüber mehreren Antragstellern nur eine Gebühr für die Bearbeitung einer verbindlichen Auskunft erhoben werden kann, wenn die Auskunft den Antragstellern gegenüber tatsächlich einheitlich erteilt wird.
Sachverhalt
Acht Personen, die an einer Holdinggesellschaft beteiligt waren, planten eine Umstrukturierung.
Sie baten das Finanzamt hierzu gemeinsam um eine verbindliche Auskunft nach § 89 der Abgabenordnung (AO). Daraufhin erteilte das Finanzamt acht inhaltsgleiche Auskünfte und erließ acht Gebührenbescheide über je 109.736 EUR (gesetzliche Höchstgebühr) – jedoch zu Unrecht.
Der Bundesfinanzhof sah die Voraussetzungen des § 89 Abs. 3 S. 2 AO als erfüllt an. Dieser sieht vor, dass nur eine Gebühr zu erheben ist, wenn die verbindliche Auskunft gegenüber mehreren Antragstellern einheitlich erteilt wird. In diesem Fall sind alle Antragsteller Gesamtschuldnerder Gebühr.
Beachten Sie: Dass jedem Beteiligten ein entsprechender Bescheid übermittelt wurde, ändert nichts daran, dass in der Sache nur eine verbindliche Auskunft vorliegt.
Quelle: BFH-Urteil vom 3.7.2025, Az. IV R 6/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 250007; BFH, PM Nr. 56/25 vom 4.9.2025
ALLE STEUERZAHLER
Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Vermögensverluste aus einem Trickbetrug, bei dem die Täter einem älteren Menschen am Telefon die Notlage eines nahen Angehörigen vortäuschen, nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Sachverhalt
Eine 77 Jahre alte Rentnerin erhielt von einem vermeintlichen Rechtsanwalt einen Telefonanruf.
Dieser gab an, ihre Tochter habe einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht. Die drohende Untersuchungshaft könne durch Zahlung einer Kaution von 50.000 EUR vermieden werden. Daraufhin hob die Rentnerin den Betrag von ihrer Bank ab und übergab ihn einem Boten. Nachdem sie den Betrug durchschaut hatte, erstattete sie Strafanzeige. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt, weil die Täter nicht ermittelt werden konnten.
Den Vermögensverlust machte die Rentnerin in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend – jedoch ohne Erfolg.
Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster sind die Aufwendungen nicht außergewöhnlich. Die Rentnerin ist Opfer einer Betrugsmasche geworden, die potenziell jeden treffen kann.
Zudem fehlt es an der Zwangsläufigkeit, die nach Ansicht des Finanzgerichts Münster wie folgt zweistufig zu prüfen ist:
Eine Zwangsläufigkeit scheidet von vornherein aus, wenn sich das Opfer durch strafbares oder sozialwidriges Verhalten selbst erpressbar gemacht hat. Das lag im Streitfall jedoch nicht vor.
Der zweite Schritt betrifft die Frage, ob zumutbare Handlungsalternativen vorlagen, die den Erpressungsversuch mit einiger Sicherheit wirkungslos gemacht hätten. Das Finanzgericht entschied, dass es der Rentnerin objektiv zumutbar gewesen wäre, zunächst zu ihrer Tochter oder zur Polizei Kontakt aufzunehmen. Selbst wenn die behauptete Verhaftung der Tochter gedroht hätte, wäre es zumutbar gewesen, den Betrag nicht zu zahlen, da eine den rechtsstaatlichen Vorschriften entsprechende Anordnung der Untersuchungshaft in Deutschland keine Gefahr für Leib und Leben darstellt.
Beachten Sie: Die Revision wurde zugelassen, da die steuerliche Behandlung von Betrugsopfern bei Schockanrufen viele Steuerpflichtige betrifft und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.
Quelle: FG Münster, Urteil vom 2.9.2025, Az. 1 K 360/25 E, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 250144
ALLE STEUERZAHLER
Die Bundesregierung hat am 10.9.2025 das Steueränderungsgesetz 2025 beschlossen. Hervorzuheben sind die Anhebung der Entfernungspauschale auf 0,38 EUR bereits ab dem ersten gefahrenen Kilometer, die Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf 7 % sowie bessere Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche und gemeinnützige Vereine.
Entfernungspauschale: 0,38 EUR ab dem ersten gefahrenen Kilometer
Derzeitige Regelung: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte kann eine Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Diese ist für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit 0,30 EUR anzusetzen. Ab dem 21. Kilometer gilt eine erhöhte Pauschale von 0,38 EUR.
Mit Wirkung ab 2026 soll die Entfernungspauschale bereits ab dem ersten gefahrenen Kilometer 0,38 EUR betragen.
MERKE: Die (erhöhte) Entfernungspauschale wirkt sich bei Arbeitnehmern allerdings nur dann aus, wenn sie zusammen mit den weiteren Werbungskosten den Arbeitnehmer-Pauschbetrag (1.230 EUR p. a.) überschreitet.
Beachten Sie: Mit der Aufhebung der zeitlichen Befristung der Mobilitätsprämie sollen Steuerpflichtige mit geringeren Einkünftenauch nach 2026 die Mobilitätsprämie erhalten.
7 % Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie
Die Bundesregierung möchte die Gastronomiebranche wirtschaftlich unterstützen. Daher soll die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie ab dem 1.1.2026 auf 7 % reduziert werden.
Für Getränke soll es allerdings bei den 19 % Umsatzsteuer bleiben.
Beachten Sie: Bei Speisen würde dann die derzeitige (mitunter streitanfällige) Unterscheidung „Verzehr außer Haus“ (Speisenlieferung mit 7 % Umsatzsteuer) versus „Verzehr im Haus“ (Restaurationsleistung mit 19 %) entfallen.
Ehrenamt und Gemeinnützigkeit
Zur Stärkung des ehrenamtlichen Engagements soll der Übungsleiterfreibetrag ab 2026 von 3.000 EUR auf 3.300 EUR angehoben werden.
Die Ehrenamtspauschale soll von 840 EUR auf 960 EUR erhöht werden.
Darüber hinaus sieht der Regierungsentwurf folgende Änderungen hinsichtlich der Gemeinnützigkeit mit Wirkung ab 2026 vor:
Die Freigrenze für den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb soll um 5.000 EUR auf 50.000 EUR angehoben werden.
Beachten Sie: Durch die Freigrenze werden Geschäftsbetriebe, die nur geringe Umsätze erwirtschaften, mit ihren Gewinnen von einer Körperschaft- und Gewerbesteuerbelastung
freigestellt.
Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung soll für steuerbegünstigte Körperschaften abgeschafft werden, deren Einnahmen nicht mehr als 100.000 EUR pro Jahr betragen.
Bisher liegt diese Freigrenze bei 45.000 EUR.
Auf eine Sphärenzuordnung von Einnahmen bei Körperschaften mit Einnahmen bis zu 50.000 EUR soll verzichtet werden. Steuerpflichtige, wirtschaftliche Geschäftsbetriebe
und Zweckbetriebe, die bis zu 50.000 EUR
einnehmen, müssen somit keine Abgrenzung und Aufteilung dahingehend vornehmen, ob diese Einnahmen dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder einem Zweckbetrieb zuzuordnen sind.
Bislang kann der Bau und der Betrieb von Photovoltaikanlagen den Status der Gemeinnützigkeit gefährden. Dies soll wie folgt geändert werden: „Die Steuervergünstigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine
Körperschaft Mittel für die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen und anderen Anlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verwendet, soweit es sich dabei nicht um den Hauptzweck der Körperschaft
handelt.“
E-Sport soll als gemeinnützig behandelt werden.
Beachten Sie: Unter E-Sport wird der Wettkampf zwischen menschlichen Personen in Computer- und Videospielen einschließlich mobiler und Virtual-Reality-Plattformen mithilfe von Eingabegeräten (Controller, Tastatur, Maus, Touchscreen etc.) verstanden.
MERKE: Derzeit handelt es sich „nur“ um einen Regierungsentwurf. Der Bundestag und der Bundesrat müssen noch zustimmen.
Quelle: Steueränderungsgesetz 2025, Regierungsentwurf vom 10.9.2025
ALLE STEUERZAHLER
Steuerpflichtige, die ihre Immobilie zu eigenen Wohnzwecken nutzen, können unter den Voraussetzungen des § 35c Einkommensteuergesetz (EStG) eine Steuerermäßigung für durchgeführte energetische Maßnahmen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung beantragen. Zu den Anwendungsfragen hatte das Bundesfinanzministerium bereits 2021 ein Schreiben veröffentlicht, das nun in einer überarbeiteten Fassung vorliegt.
In dem 33 Seiten umfassenden Schreiben stellt das Bundesfinanzministerium nun ausdrücklich klar, dass auch eine Wohnflächenerweiterung begünstigt ist. In der Rz. 3 heißt es: Wird im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten eigenen Gebäudes die Wohnfläche erweitert, können auch die an der Erweiterung durchgeführten energetischen Maßnahmen der steuerlichen Förderung nach § 35c EStG unterfallen.
Als Beispiele nennt das Bundesfinanzministerium eine Gaube, eine Dachgeschossaufstockung oder einen Anbau.
Beachten Sie: Wie in der Vorfassung ist eine Anlage enthalten, die typische vorbereitende Arbeiten und Umfeldmaßnahmen aufführt.
Diese können von der Steuerermäßigung umfasst sein, soweit sie im Zusammenhang mit einer den technischen Mindestanforderungen der ESanMV (= Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung) genügenden energetischen Maßnahme stehen.
Quelle: BMF-Schreiben vom 21.8.2025, Az. IV C 1 - S 2296-c/00004/018/050, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 250572
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